Dienstag, 25. April 2017

Washington, Baltimore und New York

Nun ging es nach Washington DC. Ich kannte Washington bereits aus Fallout 2. Eigentlich hat man Washington nur als Regierungssitz gebaut. White House und Capitol und drumherum ein paar Museen und Denkmäler.

In den USA hatte ich es mir zum Ziel gesetzt das Flugzeug von Charles Lindberg, die Spirit of Saint Louis, die dort in einem Museum stand, und die Unabhängigkeitserklärung zu sehen. Das ging dort alles recht problemlos. Alle Museen waren sogar kostenfrei zu betreten. Die USA schafften es hier mich zu verblüffen. Da es regnerische Tage waren, wühlte ich mich durch Mengen von Schulklassen zu den historischen Ausstellungsstücken. Die Spirit of Saint Louis stand dort, grau in grau. Ihre Camouflage wurde zu der Zeit gerade erneuert. Die Unabhängigkeitsurkunde war über die Jahre verblaßt und kaum noch leserlich.

Ins Weiße Haus ließen mich unfreundliche Sicherheitsleute nicht vor. Der Präsident hatte wohl Angst vor mir. In unzähligen Memorials wurde gefallenen Soldaten gedacht. Guter Ort Photos zu machen.

Der zweite Tag war Sonnenschein. Ich nutzte das und ging einige Zeit zu Fuß zu dem Soldatenfriedhof in Arlington. Dort war es lebhafter als es ein Friedhof normaler erwarten ließe. Natürlich wurde dort nur gefallenen US-Soldaten gedacht, was diesem Ort eine kalkulierte Unversöhnlichkeit verlieh. Ich hörte mal, um diesen Ort herum würde sich die nationale Neurose dieses Landes manifestieren. Es war aber ein netter Spaziergang für mich.

Ansonsten ist Washington DC eine eher ruhige Stadt. Erinnere mich dort mit einem US-Chinesen einige China-Restaurants ausprobiert zu haben, von denen er annahm, sie seien gut. Chinesisches Essen ist aber das untraditionellste Essen der Welt. In jedem Land der Welt sind Chinesen und passen ihre Gerichte den nationalen Gepflogenheiten des Landes sehr stark an. Häufig bieten sie es im unteren Preissegment an und manchmal habe ich das Gefühl der Koch wäre mehr von Menschenverachtung als von einer kulinarischen Mission getrieben.

In Washington gab es aber bessere Restaurants mit schönen Wein und es war interessant ein wenig in die Chinatownwelt einzutauchen. Viele normale Einwohner Washingtons meiden konsequent den zentralen Regierungsbereich und leben in einer ganz normalen us-amerikanischen Stadt.

Mit einem Chinabus fuhr ich dann weiter nach Baltimore. Zu der Zeit waren dort "Rassenunruhen". Zumindestens versuchten die immer stark vertretenen Medien das Bild zu vermitteln, die Stadt wäre bis auf die Grundmauern abgebrannt worden.

Da ich die USA immer als sehr sicher empfunden habe und so bei meiner Reise der Nervenkitzel oft zu kurz kam, wollte ich mir das natürlich aus der Nähe anschauen.

Aber ausser einem abgebrannten Pharmashop, der in den Medien aus allen dramatischen Perspektiven, auch aus Helikopterperspektiven, in das nationale Bewußtsein gebracht worden ist, gab es diesbezüglich nicht viel zu sehen.

Einige Bewohner versuchten böse auszusehen, wenn man ihnen das aber nicht abnahm, fand man heraus, daß da auch nur mit Wasser gekocht wurde und die Medien dort eine Rieseninszenierung veranstaltet hatten.

Lustigerweise hat mir eigentlich jeder davon abgeraten dorthin zu gehen, eindringlich. Ich denke aber die jährlichen Gewaltausbrüche zum ersten Mai in Deutschland sind erheblich umfangreicher, werden aber anders als in den USA von den Medien kleingeredet.

In Baltimore fand zu dieser Zeit das "Maryland Deathfest" statt. Das ist ein Death Metal Festival. Mehrere Musikbühnen waren in der Stadt aufgebaut und es war schwer zu entscheiden wohin man gehen wollte. Vielleicht erwischte ich mit Baltimore eine 4. Stadt der Musik in den Staaten: die Stadt des Death Metals?

Baltimore war zu der Zeit wesentlich entspannter, als es die Medien einem einzureden versuchten.

Ich reiste dann weiter nach New York. New York ist eine der besten Skylines in den Staaten. Wolkenkratzer sprießen wie Pilze in der Mitte der Stadt empor. Dort liegt Manhattan, wo ich auch den Großteil meiner Zeit in New York zubringen sollte.

New York ist teuer, ich fand aber irgendwo ein billiges Bett für ein paar Tage. Wenn man Computerspiele wie GTA 4 kennt, muß man nicht real nach New York kommen. Diese Spiele bilden die Stadt recht realitätsnah ab und vermitteln auch gut das Lebensgefühl auf den Straßen: Endloses Laufen und manchmal trifft man Leute mit einem Knopf im Ohr, die mit sich selber reden. In den Metros sitzt alles dicht gepackt und man sieht das Smartphone hat die alte Zeitung auch deshalb verdrängt, weil es kleiner und handlicher ist als das alte Papier. Außerdem bietet es mehr Möglichkeiten für Werbetreibene.

Mein Zimmer war ein Schlafsaal mit mehr als 10 Betten. Man freut sich nicht 80 USD für die Nacht auszugeben, das war es aber auch schon.

Die Bewohner der Ostküste der USA gehören nicht zu den freundlichsten der Welt. Eigentlich fühlt man sich in New York wie ausgespien, fremd. Es ist die Stadt der Individualisten, in der es darum geht immer ein bisschen mehr als der andere zu haben. Alles natürlich rein materiell.

Übrigens nehmen die selbst für Vipassana-Kurse in den Staaten Geld und besseres Essen, - ja in New York sollen eine Menge Wohnungen nur Mikrowelle, keine richtige Küche haben - , läuft dort unter dem Label "Go Green" und ist so richtig teuer.

Obwohl ich Englisch spreche, fand ich kaum Leute zum Unterhalten in der Stadt. Im Schlafsaal schlief ich zwischen einer Rotchinesin und ihrer 70 Jahre alten Mutter. Beide wollten nach Boston, sprachen wenig bis überhaupt kein Englisch. Aber einfache Regeln wie Hallo-Sagen und Lächeln machen einen in dieser kalten Stadt zu einem Sympathen ohne Gleichen. Im Central Park kann man schön picknicken.

Leider verließen die beiden New York am vorletzten Tag und ich mußte alleine dort bleiben. Das neue "One World Trade Center" eröffnete in diesen Tagen seine Aussichtsplattform. 30 USD zu zahlen um lange in einer Reihe von Touristen zu warten, erschien mir aber nicht lohnend.

In New York aß ich das schlimmste chinesische Essen meiner Reise bis jetzt von Bangkok bis nach São Paulo (wo ich heute das schreibe). Das war nur frittiertes Fleisch, Reis und eine klare, leicht rötliche, flüssige Sauce, die penetrant süß schmeckte. Natürlich gab es kein Geld zurück. Andernorts wagen die nicht mehr Geld für etwas zu nehmen, was einen unglücklich machte. In New York ist das kein Problem.

In der U-Bahn ist es selbst ein Problem die Leute nach dem Weg zu fragen. Die haben alle Ohrstöpsel in den Ohren und erschrecken sich wirklich, will man etwas fragen wie nach dem Weg in dem verwirrenden Metrosystem zum John-F.-Kennedy-Airport. In Manhattan trifft man wohl auf die größte Neurotikerdichte in der Welt.

Den letzten Abend verbrachte ich in der Bronx. Heute ist das mehr ein entspanntes Wohnviertel vornehmlich dunkelhäutiger US-Amerikaner. Auch nicht sonderlich aufregend.

In den gesamten 6 Wochen in den USA fügte ich auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken keinen einzigen US-Amerikaner als Freund hinzu. Alles nur europäische Touristen oder Inder, die in den USA die freundlichste Ethnie sind. Erst später sollte ich eine Freundin und Freunde aus den USA haben. Diese kommen aber _alle_ aus dem Nordwesten der Staaten, Oregon, Washington State, Seattle. Von der Mentalität sind sie dort mehr wie in Kanada. Auf Facebook habe ich eine Menge Kanadier.

Das waren die USA für mich. Richtig wohl fühlte ich mich dort nie. Man kommt auch ziemlich gut mit einem Bus quer durch das Land. Wenn man alleine ist und auf die Kosten schaut, ist das aber nicht wirklich das richtige Land für einen. Als Gruppe hätte man sich die Kosten für ein Mietauto und die Unterkunft teilen können und entsprechend mehr unternehmen können. Aber für mich ging es vornehmlich darum dort gewesen zu sein und auch mal einen Starbuckscoffee in Manhatten getrunken zu haben. Tauchmöglichkeiten gab es nur in San Francisco und Las Vegas in einem Aquarium. Alles zu teuer und letztlich blöde Tauchgänge.

Die letzte Nacht verbrachte ich auf den Flugplatz, um in aller Frühe in einen Flieger nach Kingston/Jamaika zu fliegen. Das war ein gutes Gefühl in den Wolken zu verschwinden und die USA am Boden zurück zu lassen.



Donnerstag, 6. April 2017

Chicago, Indianapolis und Nashville

Chicago wird auch Stadt der Winde genannt, weil das Wetter dort als kalt gilt. Ich bekam auch gleich beim Aussteigen aus dem Bus einen Schreck. Wenn man lange in Asien und den warmen Gegenden der USA gewesen ist ist dieses Gefühl der Kälte für einen wieder neu und es fühlt sich nicht gut an.

Mein Bruder lebte Jahre zuvor in Chicago mit seiner Familie. Das war eigentlich der Grund auch diese Stadt mal angeschaut zu haben.

Aber es gibt nicht viel zu berichten. Eine persönliche Email bekam ich, die mir ordentlich die Laune verdarb. Auch aufgrund der Kälte beschloß ich am nächsten Tag wieder Richtung Süden zu fahren. Machte keinen Sinn sich extra für diese Stadt neue Kleidung zu kaufen, wenn man auf den Sprung nach Jamaika war. Den Blick auf die großen Seen hatte ich innerhalb 5 Minuten, direkt beim Verlassen des Bus genug gewürdigt.

Ich nahm einen Bus nach Indianapolis.

Indianapolis war wieder wärmer. Habe aber auch viel Regen in Erinnerung. Man bekommt dort recht gut einen Eindruck wie klein und unspektakulär es oft in den Staaten zugehen kann.

Da mir die Stadt wie Chicago recht langweilig war, beschloß ich recht zügig weiterzufahren. Zum Wohnen und Arbeiten sind diese kleineren, amerikanischen Städte wohl recht gut.

Nashville war wieder bedeutend wärmer und trockener, und es ist eine der drei Musikstädte in den USA. New Orleans soll Stadt des Jazz sein, Memphis ist die Stadt des Blues und in Nashville trifft man viele Leute mit Cowboy-Hut und entsprechenden Stiefeln. Hüte und Stiefel gibt es natürlich auch vor Ort in vielen Läden zu kaufen.

Nashville ist die Stadt der Hillbilliemusik oder Countrymusik. Es gibt viele Clubs oder Restaurants, in denen entsprechende Musik gespielt wurde. In meinem Lieblingsfrühstückrestaurant kellnerte die Sängerin zwischen ihren Liedern und begrüßte jeden ihrer wenigen Gäste mit einem warmen Hallo.

Es war nett anzusehen, wie ernst sich die Leute mit ihren Hüten und Stiefeln nahmen. Abends wurde dann immer reichlich gesoffen. In meinem Hostel waren auf meinem Zimmer 2 Engländer, die in Philadelphia studierten, und einer jede Nacht sturzbesoffen war und in der ersten Nacht versuchte, die Tür einzutreten, weil er sie nicht normal aufbekam.

Als er es ins Bett geschafft hatte, weinte er immer lange, wie ein kleines Kind. Cowboyhut und Stiefel können auch für einen Traum stehen, der irgendwo in den Staaten auf harten Asphalt zerplatzt. Ich wurde deshalb sogar auch kaum böse, hatte Mitleid.

Nashville nahm ich wie einen Zoo wahr. Die Musik mochte ich nicht so wie in Memphis. Aber es war wenigstens autarker, amerikanischer Lebensstil.



Sonntag, 2. April 2017

Memphis

In Memphis kam ich zur Abenddämmerung an. Die Busstation lag am Stadtrand, gut eine Fußstunde vom Zentrum mit den Hostels entfernt.

Da Taxis für den wahren Traveler nicht in Frage kommen, ging ich zu Fuß durch die Vororte von Memphis. Die Abendluft duftete vom Blütenduft der Bäume und nur selten traf ich einen anderen Menschen. Es war ein sehr schönes Erlebnis. Ich war fast schon traurig, am Hostel angekommen zu sein.

Das Hostel wurde von einer christlichen Organisation betrieben, war aber das günstigste. Da es nicht sehr viel Hostels in dieser Stadt gab, hatte ich eine bereits mit Kreditkarte bezahlte Vorabbuchung. Wie gesagt verbringt man in den US jeden Tag gut 2 Stunden mit Suchen und Buchen an dem Smartphone.

Lustigerweise outete sich das Hostel aber erst nach Beenden der Buchung als ein offensiv christliches. Würde ich so auch nicht noch einmal machen. Erst der sehr nette und immer verständnisvolle Mensch von der Rezeption, der mit routiniertem Ausweiten des Gespräches auch immer zudringlicher wurde. Dann kam um 3 Uhr morgens auch ein (gemischtes) Paar in den Männerschlafzahl und hatte oder probierte Sex. Der Typ war zu besoffen, - hatte nichts drauf. Tagsüber waren die alle aber normal und ich konnte mir Memphis anschauen.

Es war am nächsten Tag viel zu laufen. Vom Hostel bis zur Beale Street war es zu Fuß gut eine Stunde. Es war Sonntag und die Busse fuhren nicht so oft. Ich mag es auch zu laufen. Man sieht so viel mehr von den Städten, die man durchquert.

Es wurde sehr warm an diesem Tag und ich trank eine Limonade mit Eis, die ein Ehepaar an der Straße machte und verkaufte. Ebenso gab es Barbeque. Für einen Sonntag fand ich das recht nett.

Wenn man nach Memphis kommt, kann man jedem sagen, man wäre gekommen den Blues zu hören. New Orleans sollte die Stadt des Jazz in den USA sein. Memphis ist aber auf jeden Fall die Stadt des Blues.

Ich kam an einem jungen Sonntagnachmittag in der Beale Street an. Dort sind die Bars und Clubs zu finden, in denen der Blues gespielt wird. Der gesamte Ort war in eine gute und ausgelassene Stimmung umhüllt. In der Sprache der USA begegnete sich dort das schwarze und weiße Amerika und alle fühlten sich wie eine Familie.

Ich traf dort viele US-Amerikaner, die auch gekommen waren den Blues zu hören, kaum Touristen. Insgesamt gab es gut 5 Möglichkeiten dort live Musik zu hören. Eine tolle Möglichkeit in den Staaten einen Sonntagnachmittag zu verbringen.

Der Rückweg am Abend war durch das viele Bier beschwerlicher. Ein Streifenwagen hielt mich auch, weil ich vor einer Schule öffentlich geraucht hätte, - mitten in Dunkelheit und Schule war jetzt bestimmt nicht mehr.

Ich sagte den beiden Polizisten, die auf mich aggressiv wirkten, ich wäre Tourist, - aus Europa. Sie schienen Europa nicht zu mögen oder zu kennen, zogen aber dann bald ab. Touristen machen wohl zu viel Schreibkram. Rauchverbote vor öffentlichen Gebäuden sollte man in den USA ernster nehmen.

Sonst blieb ich in den USA von der Polizei unbehelligt. Daß die Polizei dort tendenziell weniger freundlich ist, kann ich jedoch bestätigen. Das Grundproblem dort ist, daß irgendetwas den Leuten da Angst einflöst, es könnte etwas passieren. Denke Medien, denn das Kranke war, diese Angst war nicht real und überflüssig.

Memphis war aber eine angenehmere Episode in diesem Abschnitt meiner Reise. Positiv war, daß das mehr noch zur us-amerikanischen Gegenwartskultur gehörte, während New Orleans eben eine Monkeytown wurde.

Man kann in Memphis noch einiger mehr machen, Elvis Presley hatte eine Ranch dort und einige Parks. Ich war aber nur wegen dem Blues gekommen und am nächsten Tag machte ich mich mit einem Kater auf nach Chicago.